Donnerstag, 17. Januar 2013

Wortlos

Wie gut, daß es Wörter gibt. Denn ich möchte so viel sagen! So sehr quillt und brodelt es in mir, daß ich übergehen will vor Lust, endlich in die Welt hinauszurufen, was mir so unendlich wahr und wichtig ist. Also beginne ich, meine Wörter zu setzen, sorgfältig und gewählt, so wie ich es immer tue.

Aber meine Wörter bleiben stumm. Wie dicke Raupen sitzen sie auf meinem Herzen, laben sich gierig an dem, was darin ist, und vermehren sich so rasch, daß sie alsbald viel, viel Raum füllen. Aber sie verwandeln sich nicht in Schmetterlinge. Kein bunter Flügel macht sichtbar, von welch wunderbaren Herzensangelegenheiten sich die Wortraupe ernährt hat. Sie formen sich nicht zu Worten, sondern bleiben Wörter. Dicke, selbsthungrige Wörter. Dreist und faul versagen sie ihren Dienst an dem, was mitzuteilen es mich so sehnsüchtig hetzt und drängt.

Fast kann ich ihr Schmatzen hören, sehe das pulsierende Kriechen ihrer fetten Körper und ihre nimmersatten Kauwerkzeuge, die meine Herzensdinge vertilgen, ohne sie in schöne und richtige Aussagen zu verwandeln... und plötzlich widern sie mich an. Noch nie kamen mir meine Wörter so sinnlos, so verräterisch vor. Verärgert und verzweifelt fege ich sie hinweg.

Diesmal muß es ohne sie gehen. Was ich Dir sagen will, das sage ich Dir wortlos.