Samstag, 30. April 2011

Verwundert

"Warum bin ich denn besonders?" fragte das Wunder.
"Weil Du Du bist!" sagte der Mensch.
"Das wußte ich schon immer." sagte der Traum.

Donnerstag, 28. April 2011

Erste Nacht

Blaues Licht drängt durch die verschlungenen Stäbe seines Käfigs und behaucht die Landschaft aus weichen Bergen mit einer eiswarmen Dämmerung, die rote Seide schwarz färbt.
Vom kalten Gipfel stürzen sieben trockene Felsen zerstäubend ins taufeuchte Tal und verfließen entmachtet in der Dunkelheit. 
Alles verschmilzt zu einem Paradies.

Mittwoch, 20. April 2011

Verzicht und Entbehrung

Bis heute geben die 40 Tage vor Ostern, in denen Jesus einst die schrecklichsten Entbehrungen in der Wüste auf sich nahm, um rein und frei zu werden für die große Aufgabe, die vor ihm lag, vielen Menschen einen Anlaß, sich ein wenig einzuschränken. Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten - das sind wohl die gängigsten Annehmlichkeiten, auf die in der Fastenzeit verzichtet wird.

Ich finde das gut, denn freiwilliger Verzicht ist nicht mehr eben populär in unserer Gesellschaft. Kaum jemandem, der vieles nicht hat, wird geglaubt, daß er es auch nicht will, denn Haben ist Sein, und Besitz ist Bedeutung. Und wenn man den Menschen zuhört, vernimmt man zuvörderst ein Weinen und Wehklagen, ein Jammern und Beschweren, ein einziges langes Hadern mit all dem, was man nicht hat. Was uns fehlt, so möchte man meinen, bestimmt unser Selbstverständnis und unser Lebensgefühl viel intensiver als das, was vorhanden ist.

Schade eigentlich. Dabei kann uns die Fastenzeit (und eine auch auf den Rest des Jahres ausgeweitete Verzichtskultur) nicht nur zeigen, wieviel wir eigentlich gar nicht brauchen, sondern auch die Freude und das Bewußtsein dafür zurückgeben, was wir bereits haben und wie gut es uns im Großen und Ganzen noch geht.

Mir fällt Verzicht mittlerweile nicht mehr schwer. Ich habe umständehalber eine Weile lang gar keine andere Wahl gehabt als auf vieles, oft sogar auf das Nötigste zu verzichten, und es hat meinem Selbstverständnis keineswegs geschadet. Und so freue ich mich heute mehr denn je über Kleinigkeiten, eine Kugel Eis, eine iTunes-Karte, eine Taxifahrt... und lebe und genieße intensiver als im einstigen Wohlstand.

(Mein fliederfarbener Rolls-Royce fehlt mir trotzdem, ich gebe es zu. Der war einfach cool. ;-))

Freitag, 15. April 2011

Seelengefängnis

Die Liebe entmöglicht,
zerzweifelt im kalten Gefängnis
stahlscharfer Gedanken...
Wo Glaube fehlt,
Gelassenheit und Langmut
verliert die Seele ihre Flügel,
entsagt glückvollen Lebenshöh'n
und bleibt gefangen
immerdar.

Sonntag, 10. April 2011

Jenseits

Daß es kein Jenseits gibt, sagst Du? Wie traurig für Dich.

Ja, ich habe auch mal daran gezweifelt. Besonders, nachdem gerade in dem Jenseits, das ich zu kennen glaubte, zwei Paradiese auf einmal zerbrachen. Recht geschah mir. Wer wäre so dumm zu glauben, daß er in zwei Paradiesen gleichzeitig leben kann?

Aber heute weiß ich es wieder besser. Es gibt ein Jenseits. Zwei Engel haben es mir gezeigt. Das zerbrochene Paradies wächst neuerlich zusammen. Ewige Bande schmieden sich, und das Machbare scheint auf einmal genau so unendlich wie das Denkbare.

Es gibt ein Jenseits. Ich war dort, und es war begeisternd. Nun hat mich die Erde wieder. Ein Engel winkt mir kurz nach.

Mittwoch, 6. April 2011

20 Jahre U3

An den U3-Stationen sind heute putzige Hostessen vor orange-roten Bannern postiert, die leckere Mürbeteigplätzchen verteilen und mit einem zauberhaften Lächeln die Aufmerksamkeit der Fahrgäste auf die Tatsache lenken, daß die Linie U3 heute ihren 20. Geburtstag feiert.

Wiens schnelles Kellergeschoß ist noch nicht sehr alt. Jünger als ich sogar. Oh Himmel. Doch auch mit moderner Technik bleibt der Bau einer U-Bahn für mich ein Faszinosum. Wie sich gefräßige Maschinen in den kühlen Boden unter der Stadt, aufgeschichtet in Jahrhunderten aus Müll, Schutt, Asche und Erde, graben und tiefe Gänge in den Grund treiben können, der lange grabesstill dalag und seine mittelalterlichen Geheimnisse barg, ist ebenso spannend wie das, was dabei zutage tritt - unter dem Stephansplatz etwa fand man eine vollständig erhaltene Kapelle, um die man die neu entstehende U1/U3-Station respektvoll herumbaute. Durch ein dickes Glasfenster kann man nun also in den Kirchenraum schauen, der jahrhundertelang verschüttet und vergessen war.

Mir persönlich ist die U3 die liebste Linie, weil sie mich fast von meiner Haustür zu meinem Kaffeehaus führt, zum Stephansplatz zudem, zum Rochusmarkt, zur Mahü, zum Westbahnhof und zur Ottakringer Brauerei. Sehr nützlich, all das. Und natürlich wegen der weltweit einzigartigen und legendären Ansage "Tscheensch tu Sitti Ehrport Treen" in der Station Wien Mitte.

Herzlichen Glückwunsch also, U3, und allzeit gute Fahrt!

Dienstag, 5. April 2011

So wie ich es tue

(Eine Reminiszenz an Melissa Etheridge)

Lebt er dafür, Dich zu küssen
Und Dich täglich zu vermissen?
Lebt er, um Dein Glück zu mehren,
Oder nur für sein Begehren?

Lebt er, Sterne Dir zu schenken,
Jeden Tag an Dich zu denken?
Lebt er, Freude Dir zu machen?
Ist sein Glück Dein helles Lachen?

Lebt er, um Dich zu beschützen
Oder um Dich auszunützen?
Lebt er, alles zu vermeiden,
Was Dich weinen macht und leiden?

Lebt er, um Dich ganz zu schätzen?
Würde er Dich je verletzen?
Lebt er, weil sein ganzes Streben
Deinem Glück gilt, Deinem Leben?

Lebt er, um an schweren Tagen
Dich zu trösten und zu tragen?
Lebt er, um für Deine Sorgen
Zuversicht Dir auszuborgen?

Lebt er, auch die unbequemen
Seiten an Dir anzunehmen?
Lebt er, um Dich zu verstehen,
Jeden Weg mit Dir zu gehen?

Lebt er sehnend, ohne Ruhe?
Liebt er Dich, wie ich es tue?

Freitag, 1. April 2011

April, April

Wenn man sich das Treiben der kleinen Persönlichkeiten in großen Ämtern von Politik und Wirtschaft so anschaut, möchte man meinen, unsere Gesellschaft verliere sukzessive alle ihr einstmals zur Grundlage gemachten Werte. Die Hemmschwelle, aus schamlosem Opportunismus heute das eine und morgen das andere zu sagen, sinkt bedenklich, und Verbindlichkeit wird mehr und mehr zu einer Verhaltensnorm für altmodische Trottel, die sich den angeblich täglich wechselnden Erfordernissen nicht rückgratlos anzupassen imstande (oder willens) sind. Je offensichtlicher das System aus Gier und Eitelkeit versagt, desto großmäuliger geriert es sich, und die anmaßend behauptete Unfehlbarkeit seiner Träger nimmt im gleichen Maße zu wie ihre immer schlechter kaschierte menschliche Insuffizienz. Es wird gelogen, verdrängt, verteidigt und zur Not auch diffamiert.

Kurz: Für viele scheint jeder Tag der erste April zu sein, an dem man bedenkenlos alles behaupten und alles versprechen kann, um es dann, als sei es ein lustiger Scherz, ein kleines Versehen oder schlechterdings gar nicht so gemeint gewesen, wieder zurückzunehmen. Immer öfter erlebe auch ich, daß im geschäftlichen Bereich Versprechungen gemacht und Projekte in Aussicht gestellt werden, die von Anfang an unrealistisch waren. Es gilt nicht mehr als schlimm, sich über Vereinbarungen und Regeln hinwegzusetzen, Zahlungsfristen zu überschreiten oder Aufträge zurückzuziehen, nachdem man das Konzept abgegriffen hat.

All das empfinde ich als sehr abstoßend, und ich frage mich, ob solche Dampfplauderer sich in ihrer Substanzlosigkeit und Unverbindlichkeit wirklich wohlfühlen. Verläßlichkeit und Regeln braucht man schließlich nicht nur, damit das System menschlichen Zusammenlebens an sich funktioniert, sondern doch auch für sich selbst und jenen inneren Halt, den man im Opportunismus gewiß nie findet.

In diesem Sinne - fröhlichen 1. April! Ich hoffe, ab morgen steht wieder jeder zu dem, was er sagt.