Montag, 6. September 2010

Baut es.

Robin Gibb, der ehemalige Sänger der Bee Gees, bekommt endlich, was er wollte - ein Ehrenmal für die Bomberpiloten der Royal Air Force, die im Zweiten Weltkrieg deutsche Städte bombardierten und zuletzt Dresden in Schutt und Asche legten. Mitten im Londoner Green Park wird ihr Einsatz nun gewürdigt.

Warum ausgerechnet Gibb sich so sehr dafür eingesetzt hat, die britische Luftwaffe zu ehren, mag dahinstehen. Viel offensichtlicher drängt sich die Frage auf, ob nicht die Ehrung von Männern, die in einer Nacht 25.000 Zivilisten und eine der schönsten Städte Deutschlands auslöschten, als - gelinde gesagt - Geschmacklosigkeit gesehen werden muß.

Wollte man sich auf eine Diskussion deutscher und britischer Standpunkte einlassen, so kämen von beiden Seiten gut vertretbare Argumente. Gibb selbst bringt zum Beispiel vor, die Piloten seien Helden gewesen, die Deutschland letztlich Frieden und Freiheit gebracht hätten. Dagegen ließe sich einwenden, daß die Vernichtung Dresdens im Februar 1945 mitnichten kriegsentscheidend gewesen ist. Dennoch, so könnte die britische Argumentation weitergehen, war es doch wohl Deutschland, das den Krieg begonnen und ihn später sogar "total" geführt habe. Wer sich so verhalte, müsse damit rechnen, daß die angegriffenen Völker ihre Freiheit mit denselben Mitteln verteidigten. Auch richtig. Gleichwohl widerspricht die planmäßige Tötung von Zivilisten der Genfer Konvention und wird bis heute auch im Fall Dresden von vielen Experten als Kriegsverbrechen gewertet.

Und so könnte man ewig fortfahren. Der kleinste gemeinsame Nenner ist, daß Krieg an sich blöd ist, aber er hat nun einmal stattgefunden. Alle weiteren Konflikte entspringen dem allzu menschlichen Phänomen der unterschiedlichen, historischer Perspektive und Prägung geschuldeten subjektiven Wahrnehmung und sind daher nicht vollständig auflösbar.

Ja Himmel, dann baut halt Euer dämliches Ehrenmal, wenn Ihr Euch dann besser fühlt! Alle britischen Waffengattungen außer der RAF haben eins, sogar die Spürhunde, die in den Londoner Trümmern eingesetzt wurden, und das Königreich braucht Helden, denn der Komplex, daß eine abtrünnige Kolonie dem einst mächtigen Empire auf gut Amerikanisch gesagt "den Arsch retten" mußte, wiegt ebenso schwer wie die Erkenntnis, daß Deutschland seither in vielerlei Hinsicht sehr viel besser dasteht als Großbritannien. "Who won the war, anyway?" Tja...

Natürlich erscheint es einem aufgeklärten, zeitgemäß denkenden Menschen befremdlich bis lachhaft, in bronzenem Kitsch verstaubtes Heldentum zu zelebrieren. Indes - belassen wir es doch dabei. Mag im Green Park nun ein Bomberdenkmal stehen oder nicht - meinen vielen Freundschaften im Vereinigten Königreich und meiner glühenden Liebe zu London wird das nicht den geringsten Schaden zufügen. Heute ist heut'.

P.S.: Das vom britischen Volk gestiftete und vom Sohn eines Bomberpiloten gefertigte Turmkreuz auf der wiederaufgebauten Dresdener Frauenkirche spricht eine andere Sprache als die dumpfe Heldenverehrung. Solche Gesten gibt es heutzutage gottlob auch.